Leben

Gertrude Strunck, erste Ehefrau von Edgar Ende Gertrude Strunck, erste Ehefrau von Edgar Ende
Luise Bartholomä, zweite Ehefrau von Edgar Ende und Mutter von Michael Ende Luise Bartholomä, zweite Ehefrau von Edgar Ende und Mutter von Michael Ende
Selbstportät Edgar Ende, 1931 Selbstportät Edgar Ende, 1931
Edgar und Michael Ende, 1940 Edgar und Michael Ende, 1940
Mit diesem Selbstportät meldet sich Ende nach dem Krieg 1946 in der Kunstwelt zurück. Mit diesem Selbstportät meldet sich Ende nach dem Krieg 1946 in der Kunstwelt zurück.
Edgar Ende und Theodor Heuss anlässlich der Großen Kunstausstellung im Haus der Kunst,  München 1951 Edgar Ende und Theodor Heuss anlässlich der Großen Kunstausstellung im Haus der Kunst, München 1951
Lotte Schlegel, 1956, Lebensgefährtin von Edgar Ende Lotte Schlegel, 1956, Lebensgefährtin von Edgar Ende
Michael und Edgar Ende, 1952 Michael und Edgar Ende, 1952
Michael Ende als Kleinkind mit Edgar Ende Michael Ende als Kleinkind mit Edgar Ende
Michael mit Edgar Ende, 1941 Michael mit Edgar Ende, 1941
Luise, Edgar und Michael Ende, 1944 Luise, Edgar und Michael Ende, 1944
Edgar, Luise und Michael Ende Edgar, Luise und Michael Ende
Familie Ende im Wohnzimmer, Michael Ende mit Schreibmaschine Familie Ende im Wohnzimmer, Michael Ende mit Schreibmaschine
Familie Ende Familie Ende

1901: Edgar Karl Alfons Ende wird in Hamburg / Altona am 23. Februar 1901 als Sohn von Gustav und Auguste Ende geboren.

Edgar Ende: "Die väterliche Linie soll mit dem Maler Adolf Menzel entfernt verwandt sein. Die mütterliche Linie führt nach Schweden. Beide Familien entstammten bäuerlichen Kreisen. Meine Großmutter väterlicherseits lebte als weise Frau irgendwo im Riesengebirge".

1902: Geburt des Bruders Helmuth Ende (gest. 1986)

Edgar Ende: "Ich saß unbewacht mit meinem Bruder auf dem Fensterbrett. Dann verschwindet für mich alle Erinnerung, bis man meinen Bruder blutüberströmt in die Wohnung brachte. Er war aus dem Fenster gestürzt. Aber das Dazwischenliegende, das Öffnen des Fensters und das Herausstürzen ist mir völlig unklar. Jedenfalls sagte man mir, dass ich schuld daran sei. Ich weiß bis heute noch nicht, ob ich es bin. Mein Bruder ist dann wieder gesund geworden und lebt und hat nur einige tiefe Narben auf dem Kopfe."

1907–1914: Besuch der Volksschule in Altona

Edgar Ende: "Von meinem Schulbeginn habe ich wenig Vorstellung. Jedenfalls war es für mich eine Leidenszeit. Ich war kein guter Schüler".

1915–1919: Lehre als Dekorationsmaler in Altona. Gesellenprüfung 1919

Edgar Ende: "Ostern 1915 trat ich meine Lehre an. Für mich begann eine schwere Zeit. Ich hatte ganz wenig Befriedigung, denn das, was ich mir erhofft hatte, trat nicht ein. Die Lehre bestand aus Streichen, Abwaschen von Decken und Wänden, Karrenschieben und Farbkübel schleppen. Von Kunst war wenig zu spüren. Außerdem war die Behandlung schlecht".

1916–1920: Besuch der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Altona.

Edgar Ende: "Ich entdeckte damals für mich Novalis, der ganz in meine Stimmung hineinpasste, später Klopstock, dessen Pathos mich sehr begeisterte. So entdeckte ich in der Welt Momberts ein mir sehr gemäßes Lebensgefühl. Ich ging viel ins Theater, hörte Georg Kaiser, Hasenclever u.a. Meine Arbeit bestimmte sich sehr vom Kompositionellen her. Marées, den ich durch die Publikationen Meier-Graefes kennen lernte, beeindruckte mich sehr. (...) Aber schon die Tatsache, dass man etwas darstellen konnte schien mir ein Mysterium, das mich tiefehrfürchtig stimmte. Dieses Gefühl ist mir bis heute geblieben, und wenn ich etwas darstelle, wundere ich mich oft über mich selber. Die ganze Atmosphäre der Altonaer Kunstgewerbeschule war erfüllt von solidem handwerklichem Können".

1921: Mitglied des Altonaer Künstlervereins und erste künstlerische Erfolge

1922: Heirat mit Gertrude Strunck

Edgar Ende: "Zu dieser Ehe kam ich eigentlich mehr von außen gedrängt, denn die häuslichen Verhältnisse erlaubten mein Bleiben nicht länger, da meine Mutter mit meinem eingeschlagenen Weg nicht einverstanden war (...). Der Wunsch, die dauernden Vorwürfe los zu werden, veranlasste mich, sofort mit meiner Mündigwerdung zu heiraten. Diese Ehe hielt vier Jahre, dann ließen wir uns wieder scheiden".

1924: Allmähliches Bekanntwerden. Ende lernt Paul Kemp und Gustaf Gründgens kennen.

Edgar Ende: "Meine künstlerische Entwicklung ist wohl kaum von einem Lehrer bestimmt worden. Ich bin mir nicht bewusst, jemals anders gemalt zu haben als heute, es sei denn, dass mich Dekorationen oder sonstige Aufträge dazu zwangen. Auf alle religiös mythische Kunst reagierte ich sofort".

1927: Teilnahme an der Ausstellung "Europäische Kunst der Gegenwart" in der Hamburger Kunsthalle. Längerer Aufenthalt in Berlin.

1928: Übersiedelung nach Garmisch. Ende lernt in der Pension "Nirwana" Heinrich Mann und den Schriftsteller Walter Steffens kennen. Ein erster großer Aufsatz über das malerische Werk Endes erscheint in der Hamburger Kulturzeitschrift "Der Kreis" (Hugo Sieker).

1929: Heirat mit Luise Bartholomä. Sie betreibt in Garmisch ein Geschäft mit Spitzen und Halbedelsteinen. Geburt des Sohnes Michael Ende. Ausstellung in der Münchner Galerie Goltz, Beginn der Freundschaft mit dem Kunsthistoriker Franz Roh. Porträtaufträge.

Edgar Ende: "Am 12. November 1929 wurde mein Sohn Michael geboren. Es war eine schwere Geburt, er kam mit einem Kaiserschnitt zur Welt. Durch die damit verbundenen großen Unkosten und den schlechten Geschäftsgang, der damals allgemein war, und wir keine großen Geschäftsleute waren, mussten wir das Geschäft aufgeben. Wir zogen 1931 nach München Pasing".

1931: Übersiedlung nach München. Reise nach Italien, wo er der Renaissance und der pittura metafisica Giorgio de Chiricos begegnet. Ende lernt die Maler Gilles und Kuhn kennen und wird Mitglied der Münchner Neuen Sezession. Freundschaft mit den Malern Georg Schrimpf und Josef Scharl. Bei einem Brand des Münchener Glaspalastes werden drei Gemälde und fünf Zeichnungen zerstört.

Edgar Ende: "Mein Freundeskreis vergrößerte sich, wir hatten immer viel Gäste. Schrimpf, Roh, Scharl, Franke und viele ander kamen häufig zu uns. Wir dehnten die improvisierten Kaffeegesellschaften mit Hilfe von Reibekuchen-Essen bis in die Nacht hinein aus".

1931: Ausstellungen in München und in Stuttgart, erste Ankäufe durch Museen und beginnendes internationales Renommée.

1933: Kunsthistorischer Aufsatz von Franz Roh "Edgar Ende: Ein ‚surrealistischer' Maler in München?" erscheint.

1934–1938: Teilnahme an der International Exhibition of paintings im Carnegie Institute in Pittsburgh. Ankauf einer Zeichnung durch die Kunsthalle Mannheim.

Edgar Ende: "Diese relativ glückliche Zeit brach 1933 mit einem Schlage ab. Meine sämtlichen Ausstellungsmöglichkeiten waren zugrunde. Nur noch hinter verschlossenen Türen wagten die Kunsthändler meine Bilder zu zeigen. Ich stand wieder einmal vor dem Nichts".

1935: Umzug von Pasing nach Schwabing. Anlässlich einer Ausstellung in der Neuen Pinakothek erschien ein Artikel des obersten Parteirichters, Major Huch, mit der Androhung von Freiheitsentzug an Ende, falls er bei seiner Malweise bliebe".

Edgar Ende: "Meine Frau hatte durch Frau Roh Gelegenheit, einen Massagekurs in der Klinik mitzumachen. Die Zeit dieses Kurses war sehr schwer für uns. Mit dieser Arbeit vesuchte sie, uns über Wasser zu halten. Ich selbst war sehr schwermütig und lange unfähig, zu arbeiten. Da wir die Miete in Pasing nicht mehr zahlen konnten, suchten wir ein billiges Atelier in München".

1936: Berufsverbot durch Verweigerung des Bezugsscheins für Farben durch die Reichskulturkammer. Ausstellungsverbot.

1937: Erste Beschlagnahmen von Gemälden aus Museumsbesitz als "entartet". Samuel Beckett besucht Ende in seinem Atelier.

1938: Bekanntschaft mit Paul Heise, Franz Rauhut, Stefan Andres, Friedhelm Kempf.

1940: Weihnachten Stellungsbefehl.

Edgar Ende: "Inzwischen war der Krieg ausgebrochen. Weihnachen 1940 bekam ich den Stellungsbefehl und musste am Tag nach Neujahr als Rekrut bei der Flack Artillerie in Bonn einrücken. Hier machte ich die schlimmste Zeit meines Lebens durch. Als ein nach Innen gerichteter Mensch plötzlich so nach außen gezerrt zu werden, als geachteter Man nun plötzlich im üblichen preußischen Kommisston beschimpft zu werden, war schauderhaft".

1944: Bei einem britischen Fliegerangriff auf München im April werden große Teile seiner Werke vernichtet. Ende befindet sich zu dieser Zeit an der Ostfront in Polen.

1945: Ende gerät in Liezen an der Enns in amerikanische Gefangenschaft. Nach sechs Wochen Entlassung und Rückkehr nach München. Ende wird Mitglied der Münchner Christengemeinschaft. Gemeinsame Wohnung und Atelier mit Landschaftsmaler Richard Ferndinand Schmitz in München.

Jörg Krichbaum: "Wie verkraftet es ein Künstler, wenn fast 70 Prozent seines Werkes vernichtet sind? (...) Michael Ende: Das war schon schwer für ihn. Das waren richtige Schläge für ihn. Aber auf eine merkwürdige Art hing er nicht sehr an seinen Bildern. D.h. Bilder haben ihn eigentlich immer nur so lang interessiert, wie er daran arbeitete".

Edgar Ende: "In Liezen an der Enns begegneten wir den ersten Amerikanern, die uns aber nicht über die Brücke lassen wollten, da alles jenseits des Flusses in russische Gefangenschaft kommen sollte. Es blieb uns nichts anderes übrig, als den Fluss zu durchschwimmen, wobei sehr viele ertranken. Ich war froh, mit heiler Haut aber ohne jede Bekleidung bei den Amerikanern anzukommen".

1946: Mitbegründer des Berufsverbandes Münchner Künstler zusammen mit Rudolf Schlichter, Ernst Geitlinger, Adolf Hartmann. Als erster deutscher Maler nach dem Krieg Ausstellung im Carnegie Institute. Erneuter künstlerischer Aufschwung.

1947: Freundschaft mit den Malern Fabius von Gugel und Mac Zimmermann, der deutlich von Ende beeinflusst wird.

Michael Ende über seinen Vater: "Ich weiß noch, kurz nach dem Krieg, da gab es einen Kunsthändler, der sich sehr intensiv für ihn eingesetzt hatte. Das war der Booth in München. Und selbst der sagte immer: Wissen Sie, Herr Ende, ich verkaufe eher 20 Baumeister, ehe ich einen Ende verkaufe".

1948: Autobiographie und kunsttheoretische Schriften. Teilnahme an der Biennale in Venedig.

1949: Wahl in die Ausstellungsleitung der Großen Münchner Kunstausstellung im Haus der Kunst, in der Folgezeit dreimal deren Präsident, Mitarbeit bis 1961, Teilnahme an den Ausstellungen bis zu seinem Tode.

1950: Mitbegründer des Deutschen Künstlerbundes, Teilnahme an den Ausstellungen bis zu seinem Tode. Mitbegründer der bis 1953 existierenden Internationalen Vereinigung der Surrealisten, die außerhalb der Gruppe um Breton steht.

Michael Ende: "Nach dem Krieg war er ja mit Mac Zimmermann in der Neuen Gruppe zusammen. Trotzdem, gerade mit Mac Zimmerman konnte er sich nicht besonders gut verstehen. Der Ansatz von Zimmermann war ein grundsätzlich anderer, der kam aus der entgegengesetzten Richtung. (...) Aber, dass man sich in einer Gruppe zusammenfindet, bei der alle in dieselbe Himmelsrichtung schauen, das war ihm schon ein Anliegen. Aber vielleicht hat er sich für seinen Teil zuviel davon versprochen...".

1951: Ende führt den deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss bei der Eröffnung durch die Große Kunstausstellung im Haus der Kunst, München. Bekanntschaft mit Prinz Heinrich von Hessen.

1952: Ausstellungen in Düsseldorf und Konstanz. Bekanntschaft mit dem Wiener Künstler Arnulf Rainer. Aufsatz des Heidelberger Kunsthistorikers Gustav Friedrich Hartlaub über Edgar Ende: "Romantischer Surrealismus: Edgar Ende" erscheint.

Michael Ende: "Damals entstand eine ganze Reihe von Gedichten, in denen ich versucht habe, Themen, die mein Vater auf seinen Zeichnungen oder in seinen Bildern hatte, in Worten zu musizieren. Nicht, indem ich das Bild beschrieb, sondern indem ich einfach versuchte, das, was er auf dem Bild gemalt hatte, eben auf eine andere Weise zu machen. Also wir haben uns da gegenseitig sehr angeregt, ja er hat es sehr anregend gefunden".

1953: Trennung von der Familie; lebt bis zu seinem Tode mit seiner Schülerin Lotte Schlegel zusammen.

Michael Ende: "...Es ging sogar so weit, als ich gerade über 20 war und plötzlich meine eigenen Ideen hatte, dass ich anfing, ihn ein bisschen zu schikanieren, weil ich eine ziemlich andere Meinung über Kunst damals entwickelte, die nichts mit seinen Ansichten zu tun hatte. Und das war ihm unerträglich, das war mit ein Grund, warum er dann aus dem Haus gegangen ist, das hat er jedenfalls gesagt. Weil er es nicht mehr aushalten konnte".

1954: Teilnahme an der Biennale in Venedig. In diesen und den folgenden Jahren mehrere Studienreisen nach Italien. Besuch der Quadrinale in Rom.

1956: Ende lernt die Schriftstellerin Alix du Frênes kennen.

1958: Mitglied der in Brüssel gegründeten CIAFMA (Centre International de l'Actualité Fantastique et Magique)

1960: Bekanntschaft mit Oskar Kokoschka.

1962: Edgar Ende erhält den Seerosenpreis der Stadt München.

Michael Ende: "Ein paar Jahre später haben wir uns wieder sehr gut verstanden. Und da hatte ich dann inzwischen auch begriffen, was für eine einmalige Erscheinung er eigentlich ist".

1963: Herzinfarkt und Krankenhausaufenthalt. Ende wird Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste München. Umzug nach Netterndorf bei Antholing in ein ehemaliges Schulhaus.

Michael Ende: "Es war aber nie das, das er immer gerne werde wollte, nämlich Professor in der Akademie, mit einer eigenen Klasse. Man hat stattdessen irgendwelche anderen Maler genommen, die wesentlich unbedeutender waren als er".

1965: Am 27. Dezember 1965 stirbt Edgar Ende nach dem zweiten Herzinfarkt in Netterndorf. Beisetzung am 30. Dezember 1965 auf dem Friedhof in Antholing/Oberbayern.

Michael Ende von Jörg Krichbaum nach der kunsthistorischen Bedeutung seines Vaters befragt: "(...)Ich möchte doch sagen, dass Edgar Ende nach meiner Ansicht für die mitteleuropäische Malerei ein Rang zugestanden werden müsste, der in etwa dem von Magritte entspricht. Auch hinsichtlich der Wichtigkeit, die seine Bilder für die Kunstentwicklung damals hatten. Denn viele haben eigentlich von ihm gelernt, ohne es zuzugeben. Manche geben es auch zu. Ich habe z.B. mit verschiedenen Malern der Wiener Schule geredet, die gesagt haben, selbstverständlich, Ende ist unser Vater. Beispielsweise Ernst Fuchs, der sein Werk sehr gut kannte und der ihn außerordentlich schätzte. Mit Fuchs habe ich persönlich einen Abend darüber geredet, und er sagte, wir alle kennen Ende, uns ist Ende eine ganz wichtige Voraussetzung für unsere eigene Arbeit".